Der Bogen ist ein durchaus nicht zu unterschätzendes Element, wenn es um den Klang und die allgemeine Bespielbarkeit eines Streichinstruments geht. Er steht beim Spiel in direktem Kontakt mit den Saiten, wodurch er als unmittelbarer Klangerzeuger dient und somit einen essenziellen Anteil an der tonalen Ansprache des Instruments hat. Ebenfalls von besonderer Bedeutung sind sein direkter Einfluss auf die Spielweise in Form von Bogenführung und Strichtechnik. Kein Wunder also, dass der italienische Violinist und Wegbereiter der modernen Violintechnik Giovanni Battista Viotti bereits zu Ende des 18. Jahrhunderts den berühmten Ausspruch 'Le violon c'est l'archet' ("Die Geige, das ist der Bogen") prägte. Dementsprechend ist die Wahl des richtigen Bogens nicht nur für Einsteiger am Instrument mindestens genauso wichtig wie die Frage nach dem geeigneten Instrument.
Obwohl es für jedes Streichinstrument von der Violine über die Viola und das Cello bis hin zum Kontrabass natürlich individuell gefertigte Bögen in den entsprechenden Größen gibt, zeichnen sich alle modernen Streicherbögen durch gemeinsame Bestandteile und Konstruktionsmerkmale aus.
Als wichtigstes Element eines Bogens ist die wahlweise rund oder achteckig (oktagonal) ausgeführte Bogenstange zu nennen, für die in den meisten Fällen Brasilholz (Fernambuk) oder auch Massaranduba und ähnliche flexible Holzarten zum Einsatz kommen. Am hinteren Ende der Bogenstange ist der aus Ebenholz gefertigte 'Frosch' montiert. Dieser ist beweglich auf der Froschbahn montiert und lässt sich über die 'Beinchen' genannte Stellschraube am Stangenende bewegen, um das zwischen Bogenspitze und Frosch befestigte Rosshaar auf die zum Spielen benötigte Spannung bringen zu können. Komplettiert wird der Bogen durch das sogenannte Daumenleder und eine zusätzliche Bewicklung aus Materialien wie Neusilber oder Fischbeinimitat, um den Balancepunkt des Bogens zu optimieren.
Die ersten frühen Streichbögen, wie sie beispielsweise im Mittelalter und der Renaissance auf der Rebec, der byzantinischen Lyra und auch der Renaissancegeige zum Einsatz kamen, waren im Vergleich zum modernen Bogen einfache, jedoch effektive Konstruktionen. Diese Bögen hatten eine konvex geformte Bogenstange und einen unbeweglichen Steckfrosch, sodass die Spannung des Bezuges oft mit den Fingern der rechten Hand erzeugt oder über austauschbare Frösche mit unterschiedlichen Höhen verändert wurde.
Die moderne Bauform des Bogens, wie wir sie bis heute kennen, ist dem französischen Uhrmacher François Tourte zu verdanken, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts einige ausgeklügelte Neuerungen im Bogenbau einführte: Zunächst entwickelte er die konkave Bogenstange aus Fernambukholz, die aufgrund ihres Radius mit logarithmischem Verhältnis der Rosshaar-Bespannung eine gleichmäßige Ansprache von Frosch bis Spitze bescherte. Auch die Konstruktion des beweglichen Frosches, die Art und Weise des Haarbezugs und die generellen Abmessungen seiner Bögen waren derart revolutionär, dass sie bis heute den Begriff "Tourte-Bogen" für diese moderne Bogenbauart prägten und Tourte selbst sich letztendlich die anerkennende Bezeichnung "Stradivari des Bogens" verdiente.
Der Violinbogen ist der wohl berühmteste Vertreter des Streicherbogens und gleichzeitig auch seine leichteste und filigranste Bauform. Er wird klassisch im Obergriff gehalten und verfügt als einziger Streicherbogen über einen eckig gestalteten Frosch, wodurch er sehr schnell von den anderen Bögen zu unterscheiden ist. Neben den klassisch aus Holz gefertigten Violinbögen, die in der Regel um die 60 Gramm schwer sind, greifen Violinisten heutzutage auch gerne auf sogenannte Carbonbögen zurück. Mit ihrer aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigten Bogenstange weisen sie ein verringertes Gewicht und eine zusätzliche Immunität gegenüber Temperatur- und Feuchtigkeitsunterschieden auf.
Trotz nahezu identischer Abmessungen ist der Violabogen ganz einfach von seinem Pendant für die Violine zu unterscheiden, da der Frosch rund ausgeführt ist. Ebenfalls unterscheidet sich der Bratschenbogen durch eine leicht stärker ausgeführte Stange und das hierdurch bedingte zusätzliche Gewicht, das bei etwa 70 Gramm liegt.
Der Violoncellobogen ist sowohl in Bezug auf die Gesamtlänge als auch auf die Spiellänge leicht kürzer ausgeführt, da er in der Regel im Sitzen gespielt und ebenfalls im Obergriff gehalten wird. Allerdings verfügt er über einen breiteren Rosshaar-Bezug und zusätzlich über eine kräftigere Bogenstange, die teilweise bis zu 1 cm stark sein kann. Diese Konstruktionsmerkmale bringen im Vergleich zum Bratschenbogen zusätzliches Gewicht auf die Waage, sodass sein Gewichtspunkt üblicherweise bei ca. 80 Gramm liegt.
Für den Kontrabass existieren zwei verschiedene Bauformen: Die Französische Form folgt dem traditionellen Tourte-Design und wird im Obergriff (Französische Haltung) gehalten, also mit der Hand von oben gegriffen. Zusätzlich gibt es die Deutsche Form, oder auch Dresdener Form, die besonders leicht durch die ausladend hoch gestaltete Konstruktion des Frosches zu erkennen ist. Diese bietet weitaus mehr Platz zwischen Stange und Bespannung, um der rechten Hand ausreichenden Freiraum für den Untergriff (Deutsche Haltung) zu bieten. Der Obergriff des französischen Bogens zeichnet sich durch seine Agilität aus, während der Untergriff des deutschen Bogens eine verbesserte Kraftübertragung des Bogens auf die Saiten ermöglicht.