Eigenschaften des Rode NT55 Mikrofon:
Testbericht von Michael Nötges aus der Ausgabe tools4music 03/2012
Möglichkeiten der Konzertgitarre
Die Möglichkeiten zur gelungenen Abnahme einer Konzertgitarre sind ob der Optionen unüberschaubar. Schon im Studio oder unter ähnlich optimalen Bedingungen in einer Kirche oder einem „gut klingenden“ Raum ist es eine Herausforderung, das akustische Instrument klanglich optimal einzufangen. Kommen aber dann noch Übersprech- und Feedbackprobleme auf der Bühne hinzu, wird der tontechnische Spaziergang schnell zum Gang nach Canossa. Wir haben mit Herstellern und Vertrieben gesprochen und uns exemplarisch sechs Mikrofon-Empfehlungen von 120 bis knapp 1.300 Euro kommen lassen. Es sind Kandidaten, die unterschiedliche Aufnahmelösungen und Preisgruppen repräsentieren.
Natürlich gibt es für die Aufnahme von Konzertgitarren viele Möglichkeiten und ebenso viele Mikrofone, die für diese Spezialdisziplin infrage kommen. Die Maßgabe für diesen Test war eine Monoabnahme im Live-Umfeld. Dabei gibt es natürlich neben der nicht ganz einfachen Mikrofonierung mit Luftschallwandlern, Tonabnehmer-Systeme (Piezo) oder Körperschallmikrofone von unterschiedlichen Herstellern. Diese werden in diesem Test nicht berücksichtigt, da – zumindest ist das die weitverbreitete Meinung – eine gute Mikrofonierung immer noch klanglich die beste Lösung ist. Dennoch haben die Pickup-Alternativen natürlich gerade im Live-Bereich ihre volle Berechtigung, da vielleicht klangliche Abstriche gemacht werden müssen, dafür aber Übersprech- und Feedback-Probleme wegfallen. Um die Auswahl weiter einzuschränken, haben wir außerdem auf Mikrofone wie das „Rumba“ der Firma Chromachord oder das AMT S-3G verzichtet, die im Gitarrenkörper installiert werden. Die Auswahl der Testkandidaten versteht sich keinesfalls als eine umfassende Marktübersicht und in jedem Fall gibt es weitreichende Alternativlösungen, die vielleicht in einem weiterführenden Test zur Sprache kommen.
Zu den sechs Auserkorenen – übrigens alles Kleinmembran-Kondensatormikrofone, die Phantomspannung benötigen –, gehören drei Stäbchen (Sennheiser MKH- 8040, Røde NT-55 und beyerdynamic MC-930), zudem das „Beta 181“ von Shure, welches von der Seite angesprochen wird und zwei Clip-Lösungen (DPA 4099G und sE Electronics GM-10), die am Gitarrenkorpus zu befestigen sind. Weitere Details zu den Modellen liefert unsere Übersichtstabelle mit den Herstellerangaben sowie dem mitgelieferten Zubehör.
Klingen
Die Anforderungen an die Kandidaten für den Einsatz an der Konzertgitarre sind eine möglichst verfärbungsfreie detailgetreue Wiedergabe, um den tatsächlichen Klang des Instrumentes authentisch und natürlich wiederzugeben. Zu beachten ist die Ausprägung des Nachbesprechungseffekts, der beim Close-Miking eine Rolle spielt und dem man durch einen HPF oder aber eine generelle Absenkung im unteren Mitten- und Bassbereich des Frequenzgangs entgegenwirken kann. Bei den vorliegenden Mikrofonen handelt es sich um Druckgradientenempfänger mit Nierencharakteristik (DPA 4099G: Superniere), welche im Live-Alltag deutlich weniger anfällig für Übersprechen und Feedback-Schleifen sind als Kugel- oder Achter-Charakteristiken. Apropos Feedback-Anfälligkeit: Die ist natürlich ein wichtiges Kriterium, da auch bei höheren Lautstärken auf der Bühne gespielt werden soll. Außerdem interessieren uns Praktikabilität und Praxistauglichkeit der unterschiedlichen Spezialisten.
Røde NT-55
Aus „Down Under“ heißt die passende Antwort auf unsere Testanfrage schlicht NT-55. Das klassische Stäbchen ist mit gut 14 Zentimetern, das längste aber keinesfalls das schwerste (100 Gramm) Mikrofon des Testfeldes. Es ist ausgestattet mit einem zweistufigen HPF (75 und 150 Hz), einem PAD (-10 und -20 dB) und wird als einziger Testkandidat ab Werk mit einer Wechselkapsel (Kugel) ausgeliefert. Das NT-55 macht einen absolut roadtauglichen Eindruck und sein matt-silbernes, dezentes Outfit lässt es auf der Bühne in den optischen Hintergrund treten. Wie bereits beim MC-930 bringt der PAD-Schalter zwar insge- samt mehr Flexibilität für den Einsatz an lauten Signalquellen, für die Konzertgitarrenaufnahme aber zunächst keinen Vorteil. Wohl aber der zweistufige HPF, der im Kampf gegen Trittschall, Nahbesprechungseffekt und Feedbacks hilft. Das Verstellen ist nur mit einem spitzen Gegenstand möglich, da helfen auch keine langen Fingernägel weiter. Die Möglichkeit, alternativ mit der Kugel-Kapsel aufzunehmen, bietet sich für gediegene Solokonzerte oder Studio-Aufnahmen an, wo auch der Raumklang eine bedeutende Rolle spielt. Mit 12,6 mV/Pa ist das NT-55 durchschnittlich empfindlich, ruft aber gerade bei Konzerten der leiseren Gangart Preamps mit reichlich Verstärkungsreserven auf den Plan. Klanglich zeigt sich das NT-55 neutral und der Nahbesprechungseffekt bleibt eher unauffällig. Insgesamt klingt es im Gegensatz zum MV-930 etwas dünner und härter. Es ist im Gesamtklang direkter bei grundsätzlich gutem Impulsverhalten und guter Auflösung. Insgesamt noch ausgewogener zeigen sich die Auf- nahmen mit der Kugelkapsel, auch wenn unterm Strich das Klangbild für meinen Geschmack etwas zu nüchtern erscheint. Beim Feedback- Test fällt der Einsatz der Kugel-Kapsel direkt raus, während die Niere ein ähnliches Verhalten wie das MC-930 aufweist. Die mitgeliefert Klemme sitzt sehr stramm, sodass das Ein- spannen des Mikrofons nur mit entsprechender Kraft gelingt. Auch Røde bietet mit dem SM-4-Shotgun-Adapter eine schwingende Aufhängung für rund 40 Euro an.
Hervorragendes MIc. für Digitale Aufnahme einer akustischen Gitarre mit Luna.
Steht einem höherpreisigen Mic. m. E. in einer Preisklasse bis 1.000€ in nichts nach.
Super Tieftonbereich und extrem Luftige Brillianz für den Gitarrensound. Auf jeden Fall empfehlenswert.