Features:
Testbericht von Stefan Kosmalla aus der Ausgabe tools4music 01/2012
Tests an Endstufen sind immer ein Spagat zwischen den Daten, die unsere Leser interessieren und auch nachvollziehen können, und dem eigenen Experimentierdrang im Labor. Mit dem NTi FX-100 Audioanalyzer haben wir uns für ein Messgerät entschieden, das die bisherigen Messungen mithilfe der Software WinAudio MLS und dem RME „Fireface 400“ Audiointerface langfristig komplett ablösen wird. Neben dem NTi FX-100 kommen nach wie vor die beiden Analyzer Neutrik A-2 und der bewährte Audio-Precision „Portable One“ zum Einsatz. Nicht zu vergessen ist natürlich das Picotech 3425 Vierkanal USB-Oszilloskop, ohne das die Auswertung der Burstsignale am Lastwiderstand nicht möglich wäre. Die Messungen an End- stufen haben wir um die Darstellung des Phasenverlaufs, des Klirrgangs über der Frequenz bis 20 kHz und der Rechteckwiedergabe von 100 Hz, 1 kHz und 10 kHz erweitert. Zusätzlich veröffentlichen wir die Messergebnisse des NTi FX-100 zum Fremdspannungsabstand.
Dynacord SL-1800
Mit 698 Euro markiert die Dynacord SL-1800 in der Preisgruppe unserer Testkandidaten die obere Grenze. Gemessen am schlichten Stahlblechgehäuse ohne Einbaugriffe erscheint der Preis der 16,2 kg wiegen- den Endstufe im Vergleich zu manchem opulent auf- wartenden Mitbewerber auf den ersten Eindruck hoch. Die Qualitäten der Endstufe offenbaren sich aber bei genauerem Hinsehen, hier besonders in Bezug auf die Audiowerte. So attestieren wir lediglich -73 dBu (A-Bewertung) Fremdspannung am Ausgang und erreichen damit eine Dynamik von über 110 dB(A). Zusammen mit den sehr geringen Klirrwerten und der uneingeschränkten 2-Ohm-Stabilität eignet sich diese Endstufe für vielfältige Anwendungen, beispielsweise auch für leistungshungrige High-End- Lautsprecher aus dem Hi-Fi-Bereich. Der Blick in die geöffnete Endstufe zeigt einen mustergültigen Aufbau mit Hingabe zum Detail.
Die zu großen Teile im Einplatinen-SMD-Design aufgebaute Endstufe, verwendet getrennte Netzteile für die jeweiligen Audiokanäle, wobei einzig der Netzringkerntransformator als zentrale Stromquelle dient. Die SL-1800 ist mit zwei nach hinten kühlenden Lüftern ausgestattet und wird vom Hersteller mit 2 Ohm Abschlussimpedanz angegeben. Dabei attestiert der Hersteller 2 x 1.250 Watt, die wir mit gemessenen 2 x 1.294 Watt bei 80 Hz Burstimpulsen bestätigen können. Bei 4 Ohm und 8 Ohm Lasten zeigt die Dynacord Endstufe eine deutlich höhere Spitzenausgangsamplitude vor Eingreifen des Limiters mit Leistungen bis zu 2 x 1.268 Watt und 2 x 712 Watt und 1-kHz-Burstimpulsen. Erst bei 80- Hz-Impulsen stellen sich wieder die dem Datenblatt ähnelnden Ausgangsleistungen bei 2 x 965 an 4 Ohm und 2 x 585 Watt an 8 Ohm ein. Der Test mit Rechtecksignalen überzeugte nicht auf ganzer Länge, da die Signalform bei 100 Hz und 10 kHz nicht dem Ideal entspricht. Der Grund ist in den Eingangsfiltern für den Low- und Highcut zu erklären, die die Endstufe vor unerwünschten Frequenzbereichen aus dem Eingangssignal schützen sollen. Den Einfluss dieser Filter sehen wir auch im Phasenverlauf, der zu beiden Enden des Audiofrequenzgangs bis 40 Grad abweicht. Beim Dauertest leistete sich die Endstufe keinen Schnitzer durch ungeplante Abschaltung bei Lasten bis zu 2 x 2 Ohm.
Der Anschlusskomfort der Endstufe wird durch originale Neutrik Speakon-Buchsen und durchschleifbare XLR- Armaturen gleichen Herstellers vervollständigt. Die Aussteuerung signalisiert eine mehrstufige LED- Kette mit zusätzlicher Limiter-Anzeige und die Netzleitung ist als abnehmbare Kaltgeräteversion ausgeführt. Neben den Ausstattungsmerkmalen wie Betriebsartenumschaltung oder Groundlift finden wir noch einen Schalter, der mit „LPN“ (Low-Pass-Notch) bezeichnet ist. Dabei handelt es sich um ein steilflankiges Hochpassfilter in Kombination mit einem schmalen Bassboost bei 80 Hz mit +8 dB, um beim Betrieb an Subwoofern oder Fullrangeboxen für eine akustisch bessere Basswiedergabe zu sorgen. Das Filter sollte beim Betrieb der Dynacord SL-1800 an Digitalcontrollern mit definierten Hersteller-Presets für Lautsprecher deaktiviert sein.
Insgesamt eine qualitativ hochwertige Endstufe, die sich in diesem Vergleich sowohl in der „Performance“ als auch in der Preis-/Leistungswertung durchsetzen kann – Qualität hat eben ihren Preis